Mehr Schutz für Kinder und Vorbeugung gegen Opioidkrise oben auf Agenda
Streeck: „Suchterkrankungen entstehen oft im Jugendalter. Wenn wir langfristig erfolgreich sein wollen, muss unser Augenmerk dieser Lebensphase gelten.“
Der neue Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen ist Prof. Dr. Hendrik Streeck. Seit knapp einer Woche ist er nun im Amt. Heute stellte er seine ersten Themenschwerpunkte für seine Amtszeit vor: Wie gehen wir mit den psychischen Folgen der Digitalisierung um? Wie verhindern wir eine Opioidkrise in Deutschland wie in den USA? Wie gestalten wir den richtigen Weg in der Cannabispolitik?
Als Arzt und insbesondere als Wissenschaftler will Hendrik Streeck sein Amt ausfüllen. Er hat neun Jahre in den USA in Harvard und Johns Hopkins gelehrt und geforscht und leitet seit 2019 das Virologische Institut der Universität Bonn. Deshalb sehe er sein „Amt nicht rein politisch – sondern medizinisch. Nicht ideologisch – sondern wissenschaftlich.“
Erfahrungen aus seiner medizinischen Praxis mit den Schicksalen der drogenabhängigen Menschen bringe er aus seiner Arbeit in einer HIV Schwerpunktpraxis mit: „Allzu oft habe ich mitbekommen, wie nicht der Mensch mehr die Drogen konsumierte, sondern die Drogen den Menschen konsumierten.“ Darum wolle er Menschen helfen und sehe „das Thema nicht zuerst aus der Perspektive der Sitte oder des Rechts zu begegnen, sondern der Gesundheit.“ Streeck sieht „Drogen und Sucht als ein gesamtgesellschaftliches Thema“. Zumal fast zehn Millionen Menschen in Deutschland an einer Abhängigkeitserkrankung leiden und weitaus mehr aus dem Umfeld betroffen sind: Kinder, Eltern, Freunde, die Kolleginnen und Kollegen. Gefragt seien hier für Streeck neben der Sozialpolitik, vor allem die Bildungspolitik, die Justiz, Polizei, Innen- und Außenpolitik sowie insbesondere das Gesundheitswesen.
„Sucht und Drogen sind keine Randthemen. Vielmehr sind sie ein Prüfstein für die Stärke unseres Gesundheits- und Sozialsystems. Als Arzt und Wissenschaftler will ich nicht mit dem Zeigefinger mahnen, sondern helfen, aufklären und handeln.“ Besonderes Augenmerk lege er auf den Schutz von Minderjährigen: „Wir müssen mehr dafür tun, dass Kinder und Jugendliche in Deutschland gesund aufwachsen – mit Aufklärung, kluger Prävention und, wo erforderlich, Hilfe. Die meisten Suchterkrankungen entstehen im Jugendalter. Deshalb ist klar: Wenn wir langfristig erfolgreich sein wollen, dann muss unser Augenmerk zuallererst dieser Lebensphase gelten. Das gelte auch für den digitalen Raum.“ Der Koalitionsvertrag biete eine gute Grundlage, „die Risiken der Mediennutzung umfassend wissenschaftlich zu bewerten und ein Maßnahmenpaket zur Stärkung von Gesundheits- und Jugendmedienschutz aufzulegen“.
Sein Fokus liege zudem darauf, die weitere Opioidverbreitung einzudämmen, um etwa eine Krise wie in den USA zu verhindern: „Noch haben wir die Chance, gegenzusteuern. Aber wir müssen handeln: mit starker Polizeiarbeit, mit Aufklärung und Prävention, und mit einer Suchthilfe, die diesen Namen verdient - auch in Zeiten knapper Kassen. Ich möchte hier an die Arbeit meines Vorgängers anknüpfen und gemeinsam mit den Bundesressorts einen Maßnahmenplan entwickeln.“
Ein drittes wichtiges Handlungsfeld sei die Cannabispolitik. Die Koalition habe vereinbart, bis zum Herbst Erfahrungen und Zahlen zu sammeln und auf dieser Grundlage zu entscheiden, wie es weitergeht. Streeck dazu: „Mir ist sehr daran gelegen, die Bedenken von Eltern, Polizisten, Lehrkräften und aus der Medizin besser als es in der Vergangenheit geschehen ist, in die Diskussion über Cannabis einzubeziehen!“
Im Laufe der Legislatur werden weitere Themen und Schwerpunkte folgen. Um erfolgreich in der Drogen- und Suchtpolitik zu sein, werbe er „stets offen gemeinsam hinzuschauen und Lösungen zu finden. Mir geht es um die großen Probleme. Dort wo wir wirklich gegensteuern müssen, wo es gefährlich wird und auch tödlich sein kann. Es geht mir um evidenzbasierte Politik, die wissenschaftlich bewertet und evaluiert, wie wir mit bestimmten Themen umgehen“, bekräftigte Streeck mehrfach.