Blienert: „Herausforderungen sind groß - wirkungsvolle Sucht- und Drogenpolitik heißt, endlich vor die Welle zu kommen“
Fast drei Jahre hat die Ampelregierung hinter sich. Mit dem Cannabisgesetz und der Einführung von Drug Checking hat sich der Blick auf Sucht und Drogenkonsum gewandelt. Über die Sinnhaftigkeit von Strafen für Suchtkranke, die Bedeutung niedrigschwelliger Hilfen und das Zusammenspiel von Polizei und Gesundheitssystem wird offener und konstruktiver diskutiert. Demgegenüber steht ein Suchthilfesystem, das seit Jahren von der Hand in den Mund lebt und chronisch unterfinanziert ist, trotz wachsender Herausforderungen durch synthetische Drogen und riskante Konsummuster.
Um den Fokus auf Sucht, Drogen und wesentliche Zukunftsaspekte zu schärfen, hat der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen Burkhard Blienert heute zu einer Zukunftskonferenz eingeladen.
Fotos: Sahabettin Molo
Das Fazit des Beauftragten der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen ist klar: „Wir haben seit Jahren einen Anstieg der Zahl der Drogentoten. Die Herausforderungen durch die neuen Entwicklungen auf dem Drogenmarkt sind enorm. Da geht es um Stimulanzien genauso wie synthetische Opioide. Wir können es uns nicht mehr leisten, die Probleme von morgen mit den Antworten von gestern lösen zu wollen. Wenn wir wollen, dass Deutschland eine starke ökonomische und politische Zukunft hat, dann brauchen wir eine Sucht- und Drogenpolitik, die nicht auf Vermutungen und Vorurteilen beruht, sondern auf Evidenz. Zu einer wirkungsvollen Sucht- und Drogenpolitik gehört auch, dass wir endlich vor die Welle kommen und die Vorbeugung, die Prävention in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen.“
Fotos: Sahabettin Molo
Die Ampelregierung habe bereits maßgeblich zu einer neuen Debatte beigetragen, weg von Strafe und Verboten, hin zum Stärken, Helfen und Schützen. So rede man endlich darüber, ob Alkohol ab 16 oder vielleicht sogar ab 18 sein sollte. Wie man den Auswüchsen von Lootboxen Grenzen setzen könne, ob es richtig sei, dass die Sportwettenbranche eigentlich auf allen Kanälen rund um die Uhr für alle ihre digitalen Angebote werben dürfe und der Fußball immer stärker in eine Abhängigkeit von der Branche geriete, ob Suchtfragen nicht sogar bei Stadtplanung und dem Städtebau zu berücksichtigen seien.
Blienert weiter: „In Deutschland ist nicht alles schlecht, was Sucht und Drogen betrifft, aber fakt ist auch, dass wir noch viel Luft nach oben haben. Wir brauchen in den kommenden Jahren eine neue Nationale Strategie für Sucht- und Drogenfragen. Die bisherige ist 12 Jahre alt. Da hat sich viel geändert. Angesichts der Herausforderungen muss es uns zum Beispiel gelingen, die Kräfte von Bund, Ländern und Kommunen viel besser zu bündeln und abgestimmte Antworten zu geben. Aus meiner Sicht brauchen wir deshalb dringend einen Nationalen Koordinierungsrat für Sucht- und Drogenfragen.“
Fotos: Sera Kurc/Bundesfoto